Schulwesen

Artikel aus der  "HEIMATZEITUNG FÜR DEN KREIS ROTENBURG"  erschienen am 30.10.1956

Die Schule im Dorf behalten!

 

Bewegte Schulgeschichte eines kleinen Dorfes

 

po. Clüversborstel. Wie wir vor kurzem berichteten, begann die Gemeinde Clüversborstel mit den Arbeiten zur Erstellung eines neuen Schulhauses. Mit diesem Beginnen wurde die drohende Gefahr, die dorfeigene Schule zu verlieren, beseitigt. Eltern und Schüler sind darüber gleichermaßen erfreut und denen dankbar, die sich besonders tatkräftig für den Schulneubau eingesetzt und die oft schwierigen Vorarbeiten geleistet haben.  

Mit dem Neubau geht ein Wunsch, der schon mit dem Ende des ersten Weltkrieges in der Gemeinde gehegt wird, endlich seiner Erfüllung entgegen. Alle früheren Vorhaben scheiterten, sobald man die Finanzierungsfrage anschnitt. Clüversborstel war und ist auch heute eine Gemeinde mit sehr geringer Steuerkraft.

Besonderer Zustimmung erfreut sich die begonnene Verwirklichung des Planes, eine neue, dorfeigene Schule zu erstellen, bei jenen Dorfbewohnern, die es selbst einmal erfahren haben, mit welchen Schwierigkeiten der Besuch einer auswärtigen Schule — besonders im Winter — verbunden ist. Die langen 160 Jahre hindurch, die seit dem Beginn des Schulunterrichts in Clüversborstel vergangen sind, gab es zu jeder Zeit Menschen im Dorf, die ihren weniger benachteiligten Kindern oder Enkeln von ihren eigenen Schulwegen nach Sottrum, Reeßum oder Schleeßel erzählen konnten.

Clüversborstel hat eine recht bewegte Schulgeschichte zu verzeichnen, seit im Jahre 1797 die Schwester des damaligen Besitzers des Clüversborsteler Gutes, Amalie von Hassell, ein Legat aussetzte, das die Unterrichtung der Kinder im Dorf ermöglichte und ihnen den Weg nach Sottrum ersparte. Zwar gab es damals noch kein Schulgebäude im Dorf. Bis zum Jahre 1891 wurde der Unterricht in verschiedenen Privathäusern erteilt, in denen die Gemeinde eine „Schulstube" mietete. Die hier amtierenden Lehrer erhielten, wenn sie unverheiratet waren, den damals üblichen „Reihetisch", das heißt, sie gingen nach einem festgelegten Plan zum Essen zu den Bauern.

 

Aber schon in jenen hundert Jahren gab es Unterbrechungen im örtlichen Schulunterricht. Um 1850 ging die Kinderzahl so weit zurück, daß ein Lehrer im Dorfe nicht gehalten werden konnte. Der Versuch, die Kinder wieder in Sottrum einzuschulen, scheiterte an der inzwischen erfolgten Vergrößerung der Nachbargemeinde. Sottrum hatte für die Clüversborsteler Kinder keinen Platz. So gingen die Kinder bis 1867 nach Reeßum zur Schule. In den ersten Jahren dieser Zwischenzeit besuchten einige auch die Schleeßeler Schule. Von 1874 bis 1878 gab es erneut eine Unterbrechung, während der wieder die Reeßumer Schule tägliches Ziel der Clüversborsteler Kinder war.

1891 wurde dann das „neue Schulgebäude" bezogen, ein umgebauter Wagenschuppen, der noch heute die Schule beherbergt. Schule und Schulplatz waren nicht im Besitz der Gemeinde, sondern vom Gut gepachtet. 40 Jahre blieben nun die Clüversborsteler Kinder vor einem langen und beschwerlichen Schulweg in ein Nachbardorf bewahrt, bis am l. Januar 1932 die Regierung in Stade wegen der schweren finanziellen Notlage, in der sich Deutschland damals befand, die Auflösung der Schule verfügte und die Kinder der Schule Sottrum zuwies.

Erst im Herbst 1949 wurde die Schule wieder eröffnet. Dabei hat sich der damalige

Bürgermeister Bösen ein besonderes Verdienst erworben.

Fast schien es nun aber, daß die Clüversborsteler Schule wenige Jahre nach ihrer Wiedereröffnung, wie schon einmal im Jahre 1932 das Opfer einer Notlage werden würde, ein Opfer des herrschenden Lehrermangels.

Es ist den Lehrern nicht zu verdenken, wenn sie sich bemühen, möglichst solche Schulstellen zu übernehmen, bei denen günstige äußere Bedingungen geboten sind; dazu gehören ordentliche Schulräume und eine gute und ausreichende Wohnung. Da in Clüversborstel weder die eine noch die andere Bedingung erfüllt war, außerdem die Entfernung nach Sottrum als nicht zu groß angesehen wurde, erwog die zuständige Schulbehörde, die bei dem großen Lehrermangel kaum in der Lage ist, allen Anforderungen zu entsprechen, die Schulstelle vorläufig nicht zu besetzen und die Kinder erneut der Sottrumer Volksschule zuzuweisen.

Die vielen Sorgen, die eine solche Entscheidung den Eltern gebracht hätte, sind nun gebannt, denn die äußeren Schulverhältnisse werden sich in Clüversborstel in absehbarer Zeit grundlegend geändert haben. Wie ein guter Motor bildeten einige Mitglieder des Gemeinderats, besonders der Tischlermeister Friedrich Röhrs, die treibende Kraft in der Gemeinde, und bald stellten sich alle Steuerzahler des Dorfes, trotz der Heraufsetzung der Gemeindeabgaben bis zur höchstzulässigen Grenze, einmütig hinter den Plan des Neubaus einer Schule mit Lehrerwohnung. Im Vorjahr wurden das alte Schulgebäude und der Schulplatz käuflich erworben. In diesem Herbst begannen die Bauarbeiten, bis zum kommenden Sommer sollen sie beendet sein.

 

Volksschule_alt.jpg (61129 Byte) Klasse_1931.jpg (51537 Byte)

Ein frühes Bild der Schule

Klasse um 1931